Visual Capitalist hat 2020 und aktualisiert 2022 Visualisierungen zu den vielfältigen Dimensionen von Geld bzw. Reichtum auf der Welt erstellt. Beide Visualisierungen sind sehr informativ und folgen dem Muster „Keep scrolling …“: es werden immer weitere Dimensionen beim Scrollen nach unten enthüllt.
Die Maßeinheit für die Darstellung ist ein kleines Quadrat, welches 100 Mrd. US-Dollar symbolisiert.
Zunächst wird das Vermögen von Sam Bankman-Fried auf dem Höhepunkt seiner Karriere in einem Viertel dieses Quadrates dargestellt: 268 Mrd. US-$ (sein heutiges Vermögen wird auf 1 Mrd. US-$ geschätzt). In der 2020er Ausgabe wurde als Startpunkt der Wert alles oberhalb des Erdbodens befindlichen Silbers gewählt (geschätzt 43,9 Mrd. US-$) und im Text auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Kubas (97 Mrd. US-$), also ein Quadrat, hingewiesen. Eine ausführlichere Darstellung, was ein Quadrat von 100 Mrd. US-$ beeinhalten könnte, wird am Ende des Artikel gegeben.
In der Folge werden verschiedene wirtschaftliche Dimensionen durch die Anzahl von 100-Mrd- $ Quadraten dargestellt, u.a. das BIP Russlands und der Ukraine 2021. Ich habe den Wert Deutschlands für 2022 ergänzt (s.o.).
Es folgen der Wert des oberhalb des Erdbodens befindlichen (also bisher jemals geförderte) Goldes, die weltweiten Militärausgaben, das Vermögen aller Billionäre der Welt usw.
Die Marktkapitaliserung aller Unternehmen des S&P500 wird mit 36 Billionen (engl. Trillions) US-$ angegeben, das BIP der USA (23 Bio.) und Chinas (17,7 Bio.).
Das weitere Scrollen führt zum globalen Schuldenvolumen: 300 Bio., die globalen Immobilienvermögen werden auf 326 Bio. geschätzt.
Der wirklich spannende Punkt liegt am Ende der Visualisierung. Hier ist das Volumen des weltweiten Derivate-Marktes zu finden, nach Schätzungen der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIS). Es handelt sich dabei um Finanzinstrumente mit denen Unternehmen, Banken und Hedgefonds die Risiken von Anleihen, Aktien oder Rohstoffen absichern. Der reine Marktwert ist mit 12,4 Bio. noch überschaubar. Der Nominalwert des Derivatemarktes wird mit 600 Billionen US-$ angegeben. In der 2020er Ausgabe wurde dieser Wert als konservative und geringe Schätzung aufgeführt und die höhere Schätzung mit 1 Billiarde (engl. Quadrillion) angegeben.
Es gibt eine Kontroverse über die Relevanz beider Schätzungen (Marktwert vs. Nominalwert) und eine weitere Kontroverse zur Vollständigkeit der Schätzungen. Derivate bestehen sowohl aus einem bilanziellen Teil, wie auch in einem außerbilanziellen Teil (off-balance-sheet). Zu letzterem besteht recht wenig Wissen. Oft handelt es sich um Vereinbarungen, die nur in einem Instant Messenger getroffen wurden, wie wir während er Finanzkrise 2008 lernen konnten.
Die BIS hat in einem aktuellen Artikel versucht, durch das Zusammenführen verschiedener Datenquellen Schätzung zum Volumen von Devisenswaps (FX Swaps) zu erstellen, darunter auch dem außerbilanziellen Anteil.
Die Abbildung von Visual Capitalist gibt dem Betrachter ein Verständnis der Dimensionen von realer Wirtschaft (BIP) und verschiedenen anderen Komponenten der internationalen Wirtschaft. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Verletzlichkeit der Banken und der Realwirtschaften gegenüber evtl. Turbulenzen im Bereich der Spekulation und insbesondere des weitgehend unregulierten Derivatehandels heute noch größer sind als 2008. Aus „too big to fail“ könnte sehr wohl ein „too big to be saved“ werden.